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Alles begann vor 90 Jahren

Der Kanu-Klub Pirat, ein Verein mit Geschichte

Um genau zu sein an einem Sonntag im Juni 1926, da trafen sich 20 Männer - Johann Boss, Kaspar Schell, Konrad Breuer, Adolf Scholl, Heinrich Engels, Hans Siegberg, Johann Engels, Peter Siegberg, Johann Karp, Peter Stocksiefen, Josef Knipp, Jakob Walther, Heinrich Mundorf, Wilhelm Oepen, Christan Schneider, Johann Wipperfürth, Josef Siegberg, Johann Florin, Johann Schneider und Wilhelm Engels - zum Frühshoppen in der Gaststätte „Zur Linde“ und gründeten den Kanu Klub Pirat Bergheim/Sieg. Damit waren sie nicht nur die einzigen organisierten Wassersportler im weiten Umkreis, sondern hatten auch einen einzigartigen Namen, denn der „Pirat“ ist bis heute einmalig.

Aus einer Gruppe von Wanderfahrern wurden schnell sehr erfolgreiche Rennsportler. Unter ihnen mehrere Landes-, Deutsche- und Europameister. Sogar einen Olympiateilnehmer brachte der KKP hervor. Reiner Scholl belegte 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul im Zweier auf 500m den vierten Platz.
Einbrüche gab es im Verein jedoch auch. Gerade zur Zeit des Krieges dachte niemand so recht an den Kanusport. Erst 1945 erholte sich alles langsam wieder und aus den Trümmern des zerstörten Heimes wuchsen die Piraten zu neuer Stärke. Trotz schlechtem Bootmaterials waren sie schon bald wieder gefürchtete Gegner auf allen Regatten. Zu allem Überfluss erlitt Paul Domgörgen 1951 einen Betriebsunfall, seine erfolgversprechende Karriere im Wassersport (immerhin standen damals die Chancen für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Helsinki nicht schlecht) war jäh beendet. In den folgenden Jahren holten die Piraten aber dennoch Titel. 1952 wurden neue Boote angeschafft, 1953 wurde der Jugend-B-Vierer mit Mathias Reinartz, Erich Schmitz, Kurt Schneider und Peter Dresbach Deutscher Meister, 1955 gewannen Michael Schlimgen und Paul Domgörgen mit der westdeutschen Ländermannschaft gegen Holland, 1963 -1986 folgten weitere zahlreiche Meistertitel vor allem im Jugendbereich. Unteranderem mit der Erfolgsmannschaft Winfried Czambor, Hans Schwister, Ernst Löhr und Hans Odenthal (später dann Reinhard Bialke für Odenthal und Norbert Weber für Czambor).

Doch wie das mit der Zeit so ist, sie verändert viel. Und so kam es, dass das Interesse am Kanu Rennsport mehr und mehr abnahm, auch bedingt durch fehlende Übungsleiter und Trainer. Das letzte wirklich erfolgreiche Jahr war 1986 und wurde mit 23 ersten Plätzen, 34 zweiten Plätzen und 38 dritten Plätzen beendet. Während die Wanderabteilung des KKP nach wie vor eine starke Gruppe bildete, löste sich der Rennsport in Bergheim nahezu auf. Heute gibt es noch zwei aktive, aber durchaus erfolgreiche Sportler. Ende der 80 er Jahre formierte sich eine neue Kanu -Sport-Abteilung.

Raimund Figge kam 1989 mit einer Idee. „Kanu Polo – Was ist das?“, fragte sich der Vorstand um Karl-Heinz Stocksiefen. Doch nach anfänglicher Skepsis überzeugte die Idee. Schnell zeigte sich, dass es kein Fehler war. Im Gegenteil, die Kanu Polo Abteilung zeigte sich erfolgreich und erfreute sich an großem Zuwachs. 1991 Westdeutscher Vizemeister, 1992 zwei Piraten im Juniorenkader beim Europapokal, 1994 Deutscher Juniorenmeister und 1996 der erstmalige Aufstieg der Herrenmannschaft in die erste Bundesliga.
Bis heute hat sich daran nichts geändert. 2015 gewann Katharina Schröder mit der U21 Nationalmannschaft die Europameisterschaft und stieg mit dem Damen Team des KKP in die erste Bundesliga auf. 2016 wird sie an der Weltmeisterschaft in Italien teilnehmen. So knüpfen die „neuen“ Polos an die Erfolge der „alten“ Rennsportler an.

In all den Jahren blieb sich eine Abteilung immer treu. Die Wanderfahrer, heute unter der Leitung von Iris Lülsdorf und Martin Kröger, machen nach wie vor ihre Touren quer durch die Welt und treffen sich zum gemütlichen Beisammensein. Für dieses Jahr haben sie nicht nur eine Reihe der üblichen Tagestouren auf umliegenden Flüssen in Planung. Es laufen außerdem die Vorbereitungen für mehrere Gepäckfahrten, z. B. auf dem holländischen Rhein, dem bayrischen Main und in den Schären der schwedischen Westküste. Das alljährliche Familien-Camp des Vereins findet dieses Jahr über Pfingsten am „Großen Meer" in Ostfriesland statt. Im Herbst steht noch eine Wochenendfahrt von Bingen über Koblenz nach Hause auf dem Programm. Gäste sind bei allen Veranstaltungen gern gesehen. Interessenten können sich beim "Wanderpiratentreff" (WPT) der am letzten Freitag im Monat im Bootshaus am Discholl stattfindet, informieren.

Anlässlich des 90. jährigen Jubiläums initiiert der KKP eine Ausstellung rund um den Verein und den Kanusport im Fischerei Museum am Discholl. Wer mehr über den KKP und einige der erfolgreichsten Sportler Bergheims erfahren möchte, ist herzlich Eingeladen die Ausstellung im Sommer 2016 zu besuchen. Näheres dazu in der örtlichen Presse.

- geschrieben von Lea Lülsdorf